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{"id":1021,"date":"2024-04-14T21:29:38","date_gmt":"2024-04-14T19:29:38","guid":{"rendered":"https:\/\/jusos-rhein-erft.eu\/?p=1021"},"modified":"2024-05-06T21:33:42","modified_gmt":"2024-05-06T19:33:42","slug":"zum-entwurf-des-cdu-grundsatzprogramms-was-lange-waehrt-und-so","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/jusos-rhein-erft.eu\/zum-entwurf-des-cdu-grundsatzprogramms-was-lange-waehrt-und-so\/","title":{"rendered":"Zum Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms – was lange w\u00e4hrt und so…"},"content":{"rendered":"\n
„F\u00fcr ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ \u2013 das war einmal ein Wahlslogan der CDU unter Merkel. In der Gesellschaft, die der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der CDU skizziert kann eigentlich niemand gut und gerne leben wollen. Modern ist hier, wenn \u00fcberhaupt nur das Layout. Alte Debatten werden wieder aus dem Giftschrank geholt, gesellschaftliche Gruppen gegeneinander ausgespielt. Kein Aufbruch, sondern ein R\u00fcckschritt. Woran sieht man das konkret?<\/p>\n\n\n\n
Hier einige Lowlights und was daran aus unserer Sicht so problematisch ist (ohne Anspruch auf Vollst\u00e4ndigkeit):<\/p>\n\n\n\n
Vorratsdatenspeicherung<\/strong> Bundeswehr<\/strong> feministische Perspektive<\/strong> Asyl- und Migrationspolitik<\/strong> Abschlie\u00dfend ein Zitat, was angesichts der zuvor geschilderten Vorstellungen doch etwas absurd wirkt: \u201eDie Welt ver\u00e4ndert sich, unsere christdemokratischen Grundwerte aber bleiben: Freiheit, Solidarit\u00e4t und Gerechtigkeit.\u201c
Die „gute“ alte Vorratsdatenspeicherung wurde wieder aus dem Giftschrank geholt. Hierzu ein Zitat aus dem Entwurf: \u201eUm schwerste Straftaten wie sexuellen Kindesmissbrauch oder Terroranschl\u00e4ge zu verhindern, muss es m\u00f6glich sein, Verbindungsdaten f\u00fcr eine Mindestdauer zu speichern und nach richterlicher Anordnung auszulesen.\u201c Nat\u00fcrlich m\u00fcssen die Sicherheitsbeh\u00f6rden \u2013 auch im digitalen Raum \u2013 handlungsf\u00e4hig sein, aber zun\u00e4chst grundlos Daten von unbescholtenen B\u00fcrger:innen zu speichern ist aus unserer sich h\u00f6chst problematisch und nach aktueller Rechtsprechung auch vollst\u00e4ndig europarechtswidrig (vgl. BVerwG 6 C 6.22 – Urteil vom 14. August 2023 und Pressemitteilung Nr. 66\/2023 vom 07.09.2023 des Bundesverwaltungsgerichts).<\/p>\n\n\n\n
Zitat: \u201eDie Bundeswehr muss bei Bedarf auch im Inland eingesetzt werden d\u00fcrfen.\u201c – ja, richtig gelesen. Das zeigt einmal mehr, dass es hier anscheinend den Traum eines militarisierten Staates gibt. Die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass eine parlamentarische Kontrolle des Milit\u00e4rs unerl\u00e4sslich ist. Die Verteidigungsf\u00e4higkeit Deutschlands muss ohne Frage gew\u00e4hrleistet sein, gerade bei dieser komplexen Weltlage. Anstatt die Bundeswehr aber mit weiteren Aufgaben zu betrauen, sollten vielleicht zun\u00e4chst die Institutionen, die den Katastrophenschutz und die innere Sicherheit bisher organisieren und sicherstellen mehr unterst\u00fctzt werden. Die Bundeswehr muss eine Parlamentsarmee bleiben. Was genau die CDU hiermit bezweckt bleibt zun\u00e4chst offen. F\u00fcr was genau soll die Bundeswehr im Inland eingesetzt werden? Irgendwann auch bei Demonstrationen?<\/p>\n\n\n\n
Es wird hier wieder suggeriert, dass Frauen im \u00f6ffentlichen Raum besonders von sexualisierter Gewalt bedroht seien. Eine klassische konservative Erz\u00e4hlung. Die meisten Verbrechen gegen\u00fcber Frauen passieren nicht im dunklen Park, sondern im engsten pers\u00f6nlichen und privaten Umfeld.<\/p>\n\n\n\n
Bezogen auf Asyl und Migration ist nichts anderes als eine totale Abschottung geplant. Europa wird hier zur abweisenden, milit\u00e4rischen Festung mit einer europ\u00e4ischen Grenzarmee. Die CDU spricht sich f\u00fcr den Ausbau der stark umstrittenen EU-Grenzschutzagentur Frontex aus. Sp\u00e4testens seit den illegalen \u201ePushbacks\u201c (das gewaltsame Abdr\u00e4ngen von Booten mit gefl\u00fcchteten Menschen auf offener See) zurecht sehr in der Kritik. Zitat: \u201eFrontex muss eine echte Grenzpolizei und K\u00fcstenwache mit hoheitlichen Befugnissen werden.\u201c Es wird zudem eindeutig die UN-Fl\u00fcchtlingskonvention untergraben, in dem die Asylverfahren in sogenannten „sicheren Drittstaaten“ stattfinden sollen und die Personen anschlie\u00dfend dorthin verteilt werden sollen. Das ist einfach nur unmenschlich und zynisch. Richtig heuchlerisch wird es mit folgendem Zitat: \u201eDas europ\u00e4ische Asylrecht ist in der Praxis inhuman: Wer zu alt, zu schwach, zu arm oder zu krank ist, kann sich nicht auf den gef\u00e4hrlichen Weg nach Europa machen. Das jetzige europ\u00e4ische Asylrecht f\u00fchrt somit zu einem Recht des St\u00e4rkeren.\u201c Auf mehreren Ebenen ist diese Aussage zynisch und unmenschlich. Zun\u00e4chst sagt man aus, dass der Fluchtweg inhuman sei. So weit, so richtig. Darauf wird aber mit noch inhumanerer Abschottung reagiert. Nachdem Motto, wenn es die Schw\u00e4cheren nicht schaffen, sollen es die St\u00e4rkeren auch nicht schaffen d\u00fcrfen. Was hat das noch mit Humanit\u00e4t oder einem von der CDU \u2013 auch in diesem Entwurf des Grundsatzprogramms \u2013 so oft erw\u00e4hnten christlichen Menschenbild zu tun? Eine besorgniserregende Entwicklung. Statt mit Abschottung zu reagieren, muss es legale Fluchtwege geben. Es muss eine solidarische Verteilung innerhalb der EU zu gleichen Standards geben. Staaten, die sich verweigern, d\u00fcrfen keine EU-Mittel erhalten. Die Forderungen der CDU unterscheiden sich in diesem Punkt nicht wesentlich von denen der AfD. Jens Spahn faselte in den Medien von einer notwendigen \u201ejahrelangen Migrationspause f\u00fcr Deutschland\u201c. Die Menschen fliehen aus ihrer Heimat, da ihnen dort der Tod, Folter oder politische Verfolgung drohen. Weil sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder der Zugeh\u00f6rigkeit zu einer diskriminierten Gruppe verfolgt werden. Sie fliehen nicht weil sie es gerne m\u00f6chten oder um hier Geld zu erhalten. Niemand setzt sein Leben deshalb aufs Spiel. Vielleicht sollte sich Herr Spahn mal \u00fcberlegen, was gewesen w\u00e4re, wenn er mit seiner sexuellen Orientierung auf der anderen Seite des Mittelmeers geboren worden w\u00e4re. W\u00fcrde er dann auch dortbleiben wollen, wo ihm daf\u00fcr unter Umst\u00e4nden die Todesstrafe drohen w\u00fcrde?<\/p>\n\n\n\n
Es bleibt abzuwarten, wie das Grundsatzprogramm letztendlich aussieht, aber die bisherigen \u00dcberlegungen verhei\u00dfen nichts Gutes.<\/p>\n\n\n\n