Aktuelles
Joel bei den JugendPolitikTagen 2025
400 junge Menschen aus ganz Deutschland, die drei Tage lang etwa neun bis zwölf Stunden miteinander verbringen, diskutieren, gestalten – und Politiker*innen in die Zange nehmen. Klingt crazy? War es auch. Und zwar im allerbesten Sinne. Ich hatte die große Ehre, vom 19. bis 21. Juni an den JugendPolitikTagen 2025 in Berlin teilnehmen zu dürfen. Doch was genau steckt eigentlich hinter diesem Format?
Die JugendPolitikTage (kurz: JPT) finden seit 2017 alle zwei Jahre statt. Veranstaltet werden sie von der Jugendpresse Deutschland e. V., gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Bewerben können sich junge Menschen im Alter von 16 bis 27 Jahren – mit dem Anspruch, möglichst viele Perspektiven und Lebensrealitäten einzubinden. Diversität ist ausdrücklich gewollt. Ziel der Veranstaltung ist es, junge Menschen zu vernetzen, mit politischem Wissen und Methoden auszustatten und ihnen eine Bühne zu geben: zur Debatte, zur Forderung, zur Beteiligung. Es geht darum, Selbstwirksamkeit zu erleben – und Politik nicht nur zu beobachten, sondern mitzugestalten.
Wie ich die JPT 2025 erlebt habe
Für mich war es die erste Teilnahme – und sie hat mich buchstäblich überwältigt. Bereits im Vorfeld konnte ich mir thematische Workshops aussuchen. Die Vielfalt der Angebote hat mich positiv überrascht: Von Bildungsgerechtigkeit über Klimapolitik bis hin zu Verkehr und digitaler Teilhabe war alles dabei. Und dieses breite Themenspektrum war auch ein Grund, warum ich die inhaltliche Intensität der Tage mit so viel Motivation tragen konnte.
Der erste Tag war mit Kennenlernen- und Vernetzungsmethoden ein guter Einstieg und hatte auch inhaltlich viel zu bieten. Es gab jeweils einen Austausch mit Karin Prien, der aktuellen Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Thorsten Frei, Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben. Besonders hat mir Gefallen, dass die Fragen aus dem Publikum aufgegriffen wurden und auch viele kritische Fragen darunter waren.
Freitag lag der Fokus auf die Ministerformate und Workshops: Mein Ministerformat war vom Bundespräsidialamt und der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Es ging darum, dass der Bundespräsident am 23. Mai 2026 einen Ehrentag für das Ehrenamt veranstalten möchte und dies der Anlass für dezentrale Mitmacht Aktionen in den Kommunen sein soll. Wir hatten konkret die Aufgabe, zu überlegen, wie Jugendliche zu einer Teilnahme motiviert werden könnten. Wir haben diesbezüglich viele Ideen entworfen von social media Konzepten bis hin zu der Verbesserung eines Ehrenamtpasses. Mein erster Workshop war von YoupaN und dem BMBFSFJ und Beschäftigte sich mit der Frage, wie Bildung chancengerechter werden könne. Hierzu wurden uns Methoden an die Hand gereicht, um einen kurzen Pitch zu erstellen, indem wir in Teams eine Herausforderung und einen konkreten Lösungsvorschlag vorstellten. Der nächste Slot war für mich gefüllt mit einem Austausch mit dem Referatsleiter für ÖPNV des Bundesministeriums für Verkehr. Dort wurden uns die Kompetenzen und Zuständigkeiten von Kommune, Land und Bund erklärt. Und es wurden uns ein paar spannende Ausblicke gegeben, die ich an dieser Stelle nicht weiter konkretisiere.
Zwischen den Formaten waren kleinere Pausen und Kreativangebote. Am Abend gab es ein Podium zum Thema Finanzpolitik mit Akteur*innen aus dem Journalismus, dem Finanzsektor und der Politik.
Der letzte Tag begann mit einem Plenum aus Vertretern*innen der Parteileichen Jugendorganisationen. Auch hier wurden sehr kritische Fragen gestellt und um ehrlich zu sein, die JU wurde ziemlich gebasht – was bereits einen guten Start in den Tag bedeutete. Darauf folgte der letzte Workshop. Meiner wurde von Laura Förster und Fabian Köpp, zwei Gehörlose Menschen, geleitet. Es war sehr spannend und bereichernd für mich ihre Perspektive auf Inklusion zu erfahren. Sie zeigten uns, mit welchen Problemen Gehörlose konfrontiert sind und welche Maßnahmen umgesetzt werden müssten, um eine gerechte Teilhabe zu ermöglichen. Beispiele sind hierbei, dass die Deutsche Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkannt werden sollte und auch als Fremdsprache in Schulen angeboten werden sollte. Oder die Beantragung von Dolmetschern zu vereinfachen. Schließlich sind die Bearbeitungszeiten sehr lang und auch bei der ersten Kommunikation mit der entsprechenden Behörde, existieren ebenfalls Kommunikationsbarrieren. Ebenso setzen die beiden sich für eine finanzielle und strukturelle Förderung der Deutschen Gehörlosen-Jugend e.V. ein, welche als bundesweite Interessenvertretung gilt. Anschließend gab es ein Improvisationstheater und einen Markt der Möglichkeiten, wo verschiedene Vereine und Organisationen einen Stand hatten. Nach dem Abschluss-Plenum endeten die JugendPolitikTage gegen 18 Uhr. Den restlichen Abend habe ich bei hervorragendem Wetter in Berlin verbracht, bevor ich am nächsten Tag wieder nach Hürth gefahren bin.
Was ich mitnehme – mein Fazit
Die JugendPolitikTage waren intensiv – inhaltlich wie menschlich. Ich habe selten so viele Gespräche geführt, Meinungen gehört, Kritik geäußert – und Hoffnung geschöpft. Es war anstrengend, keine Frage. Aber es hat sich tausendfach gelohnt.
Am stärksten beeindruckt hat mich die Vielfalt der Teilnehmenden. Menschen aus allen Teilen des Landes, mit unterschiedlichsten Hintergründen, Geschichten und Perspektiven. Wir waren ein Spiegel der Gesellschaft – und oft weiter als der politische Betrieb. Ich habe viele wertvolle Kontakte geknüpft, auch zu Genoss*innen aus der SPD.
Und ich habe drei Dinge für mich mitgenommen:
1. Die Jugend ist sehr wohl politisch! In den Workshops, auf dem Podium, in den Pausen: Jugendliche wissen, was sie wollen, was ihnen fehlt und was sie fordern. Diese Stimmen müssen gehört werden – von Schule, Politik und Gesellschaft.
2. Die Jugend ist progressiv. Ob bei Thorsten Frei, Karin Prien oder Ann-Cathrin Simon von der JU – konservative Positionen bekamen Gegenwind. Die große Mehrheit war laut, kritisch und links. Der Applaus der konservativen Teilnehmenden war kaum zu hören. Klatschten wir, vibrierte der Saal. Das hat mir Mut gemacht.
3. Die Politik hört zu. Manchmal. In vielen Formaten habe ich gemerkt: Es gibt Menschen in Ministerien, die bereits mit uns sprechen wollen – nicht über uns. Die uns in Prozesse einbinden, unsere Sichtweisen wertschätzen. Noch nicht überall, aber immer öfter.
Klar: Es gibt viel zu tun. Inklusion, Chancengerechtigkeit, Transformation, die Liste ist lang. Doch die JPT haben mir gezeigt: Wir sind viele. Wir sind laut. Und wir sind bereit.
Ich werde mich beim nächsten Mal auf jeden Fall wieder bewerben – und kann dir nur raten: Tu es auch!
Autor*in
