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Blutige Kontinuität: Der Kongo zwischen Kolonialismus, Raubwirtschaft und westlicher Heuchelei
Die Demokratische Republik Kongo ist ein Land, das seit Jahrhunderten unter Fremdherrschaft, Gewalt und Ausbeutung leidet. Doch die Ursachen dieses Schreckens sind kein unentrinnbares Schicksal, sondern das Ergebnis skrupelloser geopolitischer und wirtschaftlicher Interessen. Der Kongo ist nicht nur ein Relikt kolonialer Verbrechen, sondern auch das Opfer einer neokolonialen Gegenwart, in der Konzerne, Regierungen und korrupte Eliten das Land ausbluten lassen – während die internationale Gemeinschaft schweigt oder gar profitiert.
Von der Kongokonferenz zur heutigen Plünderung: Europas dreckige Hände
Die westliche Kontrolle über den Kongo begann nicht zufällig, sondern wurde gezielt herbeigeführt. Auf der Berliner Kongokonferenz 1884/85, einberufen von Otto von Bismarck, entschieden die europäischen Großmächte über die Aufteilung Afrikas. Um einen offenen Konflikt zwischen den Kolonialmächten zu vermeiden, erklärte man den Kongo kurzerhand zum Privatbesitz von König Leopold II. von Belgien – unter dem Vorwand des Freihandels. In Wahrheit war es eine organisierte Plünderung: Millionen Kongolesen starben durch Zwangsarbeit und Massaker, während Belgien und andere europäische Staaten vom Kautschuk- und Elfenbeinhandel profitierten. Selbst nach damaligen Maßstäben war die Brutalität so untragbar, dass Belgien Leopold 1908 die Kontrolle entriss. Doch mit der formellen Unabhängigkeit 1960 endete die Fremdherrschaft keineswegs.
Die Ermordung Patrice Lumumbas, des ersten demokratisch gewählten Premierministers, unter aktiver Mithilfe westlicher Geheimdienste, sicherte, dass der Kongo in Abhängigkeit blieb. Mobutu Sese Seko, ein korrupter Diktator mit Rückendeckung aus Washington und Paris, wurde installiert. Das Muster blieb gleich: westliche Staaten und Konzerne sicherten sich ungehinderten Zugang zu Rohstoffen, während das Land in Armut und Chaos versank.
Heute läuft dasselbe Spiel unter neuen Vorzeichen. Der Kongo ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt – und zugleich eines der instabilsten. Besonders der Osten des Landes ist ein Schlachtfeld, auf dem lokale Milizen, Nachbarstaaten wie Ruanda und Uganda sowie multinationale Konzerne um die Kontrolle über wertvolle Ressourcen wie Coltan, Gold und Kobalt ringen. Die Rebellenbewegung M23, die in den letzten Jahren erneut Gebiete erobert hat, wird von Ruanda unterstützt, das sich als Regionalmacht etabliert hat. Die westlichen Staaten reagieren darauf mit Sanktionen? Nein – mit Finanzhilfen für Kigali. Deutschlands sogenanntes Ruanda-Abkommen sichert Kigali Millionen zu, während gleichzeitig kongolesische Zivilisten unter ruandischer Einflussnahme leiden. Auch Uganda verfolgt eigene Interessen, stützt die kongolesische Regierung gegen M23, während es gleichzeitig in illegale Rohstoffgeschäfte verwickelt ist.
Westliche Doppelmoral und mediales Schweigen
Die eigentlichen Profiteure sitzen jedoch in den Hauptstädten des globalen Nordens. Westliche Unternehmen kaufen kongolesische Rohstoffe, oft über verschleierte Handelsrouten, und setzen damit indirekt die Gewaltspirale fort. Nachhaltigkeit und Menschenrechte sind nur leere Schlagworte, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht. Während Europa und die USA Russland für seinen Angriffskrieg sanktionieren, bleibt die Unterstützung Ruandas für M23 folgenlos. Stattdessen wird die Demokratische Republik Kongo mit wohlklingenden UN-Resolutionen abgespeist, die niemand durchsetzt.
Noch skandalöser ist das mediale Desinteresse. Während jeder geopolitische Konflikt in Europa und dem Nahen Osten rund um die Uhr in den Nachrichtensendungen läuft, bleibt der Kongo ein Randthema. Millionen Tote, ethnische Säuberungen, Massaker an Zivilisten – keine Schlagzeilen, keine Eilmeldungen. Was sagt das über unsere Prioritäten? Warum wird das Leiden der Menschen im Kongo weniger wertgeschätzt als das anderer Kriegsopfer?
Es reicht! Europa muss sich endlich seiner Mitverantwortung stellen. Sanktionen gegen Ruanda und andere Akteure, die den Konflikt befeuern, sind überfällig. Ein effektives Rohstoffzertifizierungssystem, das verhindert, dass europäische Unternehmen mit Blutmineralien handeln, ist zwingend erforderlich. Und die Medien müssen aufhören, das kongolesische Desaster totzuschweigen.
Der Kongo schreit nach Gerechtigkeit – die Frage ist, wer endlich zuhört.
Quellen:
https://www.dw.com/de/der-umk%C3%A4mpfte-ostkongo-warum-kommt-die-region-nicht-zur-ruhe/a-71762247
https://www.deutschlandfunk.de/kongo-ruanda-milizen-konflikt-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/ruanda-entwicklungshilfe-100.html
https://juso.ch/de/positionspapiere/die-gewalt-und-ausbeutung-im-ostkongo-muss-endlich-enden/
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