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09. August 2024

Gefährliche Erzählungen des Kapitalismus: Warum unsere Generation für eine gerechtere Zukunft kämpfen muss

In der heutigen Gesellschaft und politischen Landschaft begegnen wir immer wieder Behauptungen, die dazu dienen, uns zu disziplinieren und kapitalistische Machtstrukturen zu legitimieren. Diese Erzählungen lenken von den wahren Problemen ab, mit denen wir konfrontiert sind, und tragen zur Festigung eines Systems bei, das auf Ausbeutung und Ungleichheit basiert, vor allem von uns jungen Menschen. Besonders auffällig sind dabei drei zentrale Themen: die vermeintliche Faulheit der Jugend, die Forderung nach immer längeren Arbeitszeiten und der Ruf nach einer verstärkten Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Diese Erzählungen, ja fast schon liberale Theorien, verdeutlichen, wie tief verwurzelt die kapitalistische Logik in unserer Gesellschaft ist und wie wichtig es ist, andere Wege zu finden.

Die Faulheit der Jugend: Ein gefährliches Narrativ

Ein häufig wiederkehrendes Vorurteil ist, dass die heutige Jugend faul sei und sich nicht ausreichend in den Arbeitsmarkt integrieren wolle. Dieses wiederholen verschiedenste Wirtschaftsbosse und ist mittlerweile eine beliebte Erzählung.  Diese Behauptung ist nicht nur unzutreffend, sondern lenkt auch von den strukturellen Problemen ab, die junge Menschen tatsächlich davon abhalten, erfolgreich im Berufsleben Fuß zu fassen. Die Realität sieht anders aus: Junge Menschen sind motiviert und bereit, sich weiterzubilden, sehen sich jedoch mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.

Eine Untersuchung der Hochschule Mainz aus dem Jahr 2022 (1) belegt, dass die Generation Z hohe Erwartungen an ihre berufliche Tätigkeit hat, insbesondere im Hinblick auf Sinnhaftigkeit und Work-Life-Balance. Doch anstatt dieser Bedürfnisse anzuerkennen, wird uns pauschal Faulheit unterstellt. Dies dient dazu, die strukturellen Defizite am Arbeitsmarkt zu verschleiern und die Schuld von den Big-Playern auf die normalen Angestellten zu verladen.

Die 50-Stunden-Woche: Ein totes Arbeitsmodell

Während die Produktivität dank technologischer Fortschritte in vielen Branchen stetig steigt, scheint es paradox, dass über längere Arbeitszeiten diskutiert wird. Insbesondere die CDU heizt diese Forderung seit dem Vorsitz von Friedrich Merz immer weiter an und verweist gerne auf die Wirtschaftsleistung. Diese Forderung ignoriert nicht nur die Bedürfnisse der Arbeitenden, sondern auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die negativen Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf Gesundheit und Wohlbefinden. Eine Studie der World Health Organization (WHO) und der International Labour Organization (ILO) aus dem Jahr 2021 (2) zeigt, dass Menschen, die regelmäßig mehr als 55 Stunden pro Woche arbeiten, ein um 19 Prozent höheres Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden, und ein um 42 Prozent höheres Risiko für Herzerkrankungen. Auch steigt das Risiko für Stress, Erkältungen und psyschiche Erkrankungen. Es ist also klar, dass längere Arbeitszeiten weder den Arbeitnehmern noch der Wirtschaft insgesamt zugutekommen.

Stattdessen sollte die Arbeitszeit verkürzt werden, um die Gesundheit der Arbeitenden zu schützen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Untersuchungen zeigen, dass kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich die Produktivität sogar steigern können. Ein Beispiel hierfür ist die Vier-Tage-Woche, die in mehreren Pilotprojekten, unter anderem in Island und Spanien, getestet wurde und zu positiven Ergebnissen geführt hat.

Migration von Fachkräften: Eine kurzfristige Lösung für ein langfristiges Problem

Die Forderung nach der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland wird oft als einfache Lösung für den Fachkräftemangel in Deutschland dargestellt. Während es wichtig ist, dass Menschen aus anderen Ländern in Deutschland eine Chance erhalten, darf diese Strategie nicht als Allheilmittel für die strukturellen Probleme des Arbeitsmarktes betrachtet werden.

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (3) zeigt, dass die Migration von Fachkräften zwar kurzfristig Engpässe auf dem Arbeitsmarkt lindern kann, aber nicht die langfristigen Herausforderungen löst, es sei denn es findet eine enorm hohe Nettozuwanderung statt, was sehr unwahrscheinlich scheint. Die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus anderen Ländern verschärft zudem oft die wirtschaftlichen Probleme in den Herkunftsländern und führt zu einem „Brain-Drain“, der deren Entwicklung behindert. Anstatt sich auf den „Import“ von Arbeitskräften zu verlassen, sollte Deutschland stärker in die Ausbildung und Weiterbildung der eigenen Bevölkerung investieren und die Arbeitsbedingungen verbessern, um die vorhandenen Fachkräfte im Land zu halten. Diese Auswirkungen sehen wir nicht nur im globalen Süden, sondern auch in der EU, wo vor allem den ärmeren Ländern unter dem Wettrüsten der besten Abwerbung leiden.

Fazit

Diese gefährlichen Erzählungen des Kapitalismus zeigen, dass ein Wandel in unserer Gesellschaft notwendig ist. Die Schuld für wirtschaftliche Probleme und Ungleichheiten auf die Jugend abzuwälzen, die Arbeitszeiten zu verlängern oder auf Fachkräfte aus dem Ausland zu setzen, sind keine Lösungen Wir als junge Generation dürfen uns nicht von diesen Erzählungen entmutigen lassen. Es liegt an uns, alternative Wege zu gehen und für eine Zukunft zu kämpfen, in der die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen.

(1): https://www.businessinsider.de/karriere/generation-z-jobsuche-attraktiver-arbeitgeber-a/

(2): https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/123874/UN-Studie-Lange-Arbeitswoche-erhoeht-das-Risiko-toedlicher-Erkrankungen

(3): https://iab.de/presseinfo/nur-mit-einer-jaehrlichen-nettozuwanderung-von-400-000-personen-bleibt-das-arbeitskraefteangebot-langfristig-konstant/


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