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„Versucht, ein Mensch zu sein“ – Zum Tod und Vermächtnis von Margot Friedländer
Am 9. Mai 2025 ist Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren in Berlin verstorben. Die Holocaust-Überlebende, Zeitzeugin und unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen hat Generationen von Menschen geprägt – nicht durch laute Worte, sondern durch eindringliche Menschlichkeit. Ihr Tod ist ein großer Verlust für unser Land – und ein Auftrag für uns alle, ihr Vermächtnis weiterzutragen.Margot Friedländer wurde am 5. November 1921 in Berlin geboren – in eine jüdische Familie, in ein Land, das bald darauf von den Nationalsozialisten in den Abgrund gestürzt wurde. Im Januar 1943 wurden ihre Mutter und ihr Bruder von der Gestapo verhaftet und später in Auschwitz ermordet. Margot tauchte unter, wurde jedoch im April 1944 verhaftet und nach Theresienstadt deportiert, wo sie den Holocaust überlebte. Nach dem Krieg wanderte sie 1946 mit ihrem Ehemann Adolf Friedländer in die USA aus und kehrte erst 2010 dauerhaft nach Berlin zurück. Sie hinterlässt ein einzigartiges Vermächtnis – als Überlebende, als Erzählerin und als unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen.
Margot Friedländer war mehr als eine Zeitzeugin. Sie war Stimme und Brücke. Mit bewundernswerter Kraft sprach sie über ihre Geschichte – nicht um Schuld zuzuweisen, sondern um Empathie zu wecken. Sie sprach mit Jugendlichen, besuchte Schulen, Podien, Gedenkstätten. Sie erzählte nicht nur von Verfolgung, sondern auch vom Verlust, von der Ohnmacht, von der Einsamkeit – und von der Hoffnung. Sie schrieb ein Buch „Versuche, dein Leben zu machen“ und stellte sich jahrzehntelang in den Dienst einer Erinnerungskultur, die nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit menschlicher Tiefe und Mut zur Versöhnung arbeitete. Für diese Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Berlin und dem Bundesverdienstkreuz.
Margot Friedländers Botschaft könnte heute nicht aktueller sein. In einer Zeit, in der antisemitische Übergriffe zunehmen, die AfD als gesichert rechtsextreme Partei bei 20 Prozent liegt und die Brandmauer gegen Rechts von immer mehr Akteur*innen durchbrochen wird, ist ihre Mahnung nicht bloß historischer Appell – sie ist politische Realität. Wenn Margot Friedländer sagte: „Es ist geschehen. Und folglich kann es wieder geschehen“, dann war das kein rhetorischer Satz, sondern eine Warnung. Sie sprach auch für jene, die nicht mehr sprechen konnten – und für eine Zukunft, die Verantwortung aus Erinnerung zieht. Ihre Stimme fehlt nun. Und gerade deshalb müssen unsere umso lauter werden.
Wir verneigen uns in tiefer Dankbarkeit vor Margot Friedländer. Für ihren Mut, ihr Vertrauen in die nächste Generation und ihre Bereitschaft, trotz allem an das Gute im Menschen zu glauben. Sie hat Brücken gebaut, wo Gräben waren. Und sie hat uns jungen Menschen gezeigt, dass Erinnerung kein Stillstand ist – sondern Antrieb. Ihr Satz „Versucht, ein Mensch zu sein“ bleibt. Und er verpflichtet.
Für uns Jusos bedeutet das: Niemals schweigen, wenn Hass laut wird. Nie weichen, wenn Demokratie bedroht wird. Und immer kämpfen – für eine offene, gerechte und solidarische Gesellschaft.
Danke, Margot.
Quellen:
https://www.welt.de/256098038?utm_source=chatgpt.com
https://www.thetimes.co.uk/article/holocaust-margot-friedlander-dies-dead-103-rrgrcrlhc?utm_source=chatgpt.com
https://www.bundestag.de/presse/pressemitteilungen/2025/pm-250509-margot-friedlaender-1065050?utm_source=chatgpt.com
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2025/05/holocaust-ueberlebende-margot-friedlaender-gestorben.html?utm_source=chatgpt.com
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